Wissenschaftliche Arbeit: „Hör-Seh-Verstehensschulung am Beispiel eines videobasierten Sprachlernportals“ (Veröffentlichung)

 
Ein Ziel unserer Sprachlernportale sind Innovationen im Bereich des Fremdsprachenlernens mit Online-Medien. Wir möchten einen Beitrag leisten, um diesen Wissenschaftsbereich voranzubringen. Einen großen Vorteil sehen wir dabei in der Möglichkeit, Erkenntnisse direkt in den Sprachlernportalen umzusetzen und somit auch evaluieren zu können.

Ich freue mich sehr, dass heute die erste wissenschaftliche Arbeit, die im Rahmen des Sprachlernportals Englisch Lernen Online geschrieben wurde, veröffentlicht wird. Der Titel der Arbeit lautet "Englisch lernen online - Hör-Seh-Verstehensschulung am Beispiel eines videobasierten Sprachlernportals". Autorin ist Christine Joos von der Pädagogischen Hochschule Freiburg. Dabei soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Arbeit mit der Note 1,0 bewertet wurde.

Mit der Veröffentlichung möchten wir alle Interessierten zu einer Diskussion einladen.
Die Ergebnisse der Arbeit werden in naher Zukunft in dem Video-Unterportal in die Praxis überführt.


Vielen Dank an Christine Joos für die hervorragende Arbeit.

Zum Download der kompletten Arbeit (pdf, 2,4 MB)

Nachfolgend die Kurzbeschreibung der Arbeit:




Wir leben im Zeitalter der digitalen Revolution. Technische Neuerungen verändern die Art und Weise wie wir miteinander kommunizieren. Hierbei spielt das Bild bzw. das Bewegtbild als Informationsträger eine herausragende Rolle. Längst verdrängt es andere Formen der Informationsübermittlung wie beispielsweise den Schrifttext aus vielen Bereichen unseres Alltags. Relevante Informationen werden heute verstärkt visuell und auditiv anstatt schriftsprachlich übermittelt. Dieser „visual“, oder „iconic[1]“ turn[2]“, welcher vor allem seit Mitte der 90er Jahre thematisiert wird, durchdringt nahezu alle Bereiche unseres alltäglichen Lebens. Nachrichten können online gelesen und in kurzen Videomitschnitten gesehen werden, darüber hinaus gibt es zahlreiche Videos, Online Fernsehen, Chat mit Webcam, Livekonferenzschaltungen mit Videoübertragung, Handys besitzen integrierte Kameras, die auch kurze Filme aufnehmen und abspielen können.

In diesem Zusammenhang ist nicht mehr nur die Rede vom „visual“ oder „iconic turn“, welcher den Paradigmenwechsel von Schrift zum Bild beschreibt, sondern mittlerweile spricht man gar vom „kinetic turn“, der verstärkten Hinwendung zum Bewegtbild, welche gleichsam auch mit einer stärkeren Fokussierung auf auditive Inhalte einhergeht. Kurze Videoclips wie sie beispielsweise auf der Plattform YouTube zum kostenlosen Anschauen angebotenen werden, erfreuen sich gerade bei Jugendlichen großer Popularität.

Vor diesem Hintergrund technologischer und gesellschaftlicher Entwicklungen und Neuerungen verändern sich auch im Fremdsprachenunterricht Zielsetzungen und Kompetenzformulierungen. Als relativ neue Kompetenzumschreibung tritt in immer mehr Lehrplänen nun die Hör-Seh-Verstehenskompetenz auf, welche sowohl das visuelle als auch das sprachlich-auditive Element auditiver Sprachrezeption berücksichtigt. Die Kompetenzumschreibung bezieht sich dabei sowohl auf alltägliche kommunikative Situationen als auch vor allem auf die Rezeption von Film, Fernsehen und Videoclips und trägt damit der aktuellen Bildorientierung Rechnung.

Multimediale Online-Selbstlernanwendungen greifen diesen gegenwärtigen Trend in ihren Übungsformen auf, häufig jedoch, so scheint es, ohne ein entsprechendes fremdsprachendidaktisches Konzept zu verfolgen. Dies ist nicht weiter verwunderlich, denn didaktische Empfehlungen wie das Hör-Seh-Verstehen von Englischlernenden gefördert werden kann, gibt es bisher wenige, zumal nicht für den Einsatz in Selbstlernszenarien.
Die vorliegende Arbeit widmet sich diesem bisher wenig erforschten und aufgearbeiteten Gebiet der Fremdsprachendidaktik Sie untersucht videobasierte Übungen des Online Sprachportals „Englisch lernen online“ auf ihr Potenzial zur Förderung der Hör-Seh-Verstehenskompetenz. Ziel der Arbeit ist es, die bestehenden Übungen des Portals zu evaluieren und zu optimieren. (Des Weiteren soll herausgefunden werden worin, sofern vorhanden, der konkrete Mehrwert eines solch multimedialen Trainings des Hör-Seh-Verstehens liegt.)
Die Fragestellung verlangt hierbei ein multiperspektivisches Vorgehen. Zu ihrer Beantwortung werden daher fremdsprachen- und mediendidaktische Aspekte aufeinander bezogen und um weitere Aspekte aus der Medienpädagogik, Medienwissenschaft, Kognitionspsychologie sowie Linguistik etc. ergänzt.

Im ersten Teil der Arbeit werden zunächst die fremdsprachendidaktischen und -methodischen Grundlagen des Bereichs Hör-Seh-Verstehen erarbeitet. Im Anschluss sollen grundlegende Aspekte des Fremdsprachenlernens mit Onlinemedien, im Besonderen mit YouTube Videos und Sprachportalen näher beleuchtet werden.
Im zweiten Teil der Arbeit wird versucht in Auseinandersetzung mit den theoretischen Grundlagen die bestehenden Hör-Seh-Verstehensübungen zu optimieren bzw. neue Übungsformen zu entwickeln, die den erarbeiteten Anforderungen Rechnung tragen. Die neu konzipierten Übungen sollen anschließend im Sinne einer formativen Evaluation von einigen Lernern exemplarisch erprobt und evaluiert werden. Aus den hieraus gewonnenen Erkenntnissen werden Prinzipien und Kriterien sowie konkrete Verbesserungsvorschläge für die Weiterentwicklung und Überarbeitung der Übungsformen abgeleitet.
Das abschließende Fazit fasst die zentralen Befunde der theoretischen Auseinandersetzung mit der Fachliteratur, wie auch der Lernerevaluation zusammen und gewährt einen Ausblick auf angestrebte Modifikationen der Übungen sowie weiterführende relevante Forschungsfragen.



  • [1] Es existiert auch der Begriff pictorial turn. Die Begriffe „Iconic“ und „pictorial“ Turn sind nicht gleichbedeutend. Während Mitchell sich am Bildergebrauch in der Alltagskultur und den Wissenschaften orientiert, ist Boehms Fragestellung grundsätzlicher, wenn sie in Anlehnung an den „linguistic turn“ danach fragt, wie Bilder Sinn erzeugen, ob sie also einen eigenen Logos haben. http://de.wikipedia.org/wiki/Ikonische_Wende

  • [2] Von Mitchel 1992: W. J. T. Mitchell prägte 1992 den Begriff des Pictorial turn in einem an Erwin Panofskys Ikonologie angelehnten Versuch, das Denken in Bildern und über Bilder zu rehabilitieren. W. J. T. Mitchell prägte 1992 den Begriff des Pictorial turn in einem an Erwin Panofskys Ikonologie angelehnten Versuch, das Denken in Bildern und über Bilder zu rehabilitieren.